LICHTARCHITEKTUR - RAUMABHÄNGIGE LICHTOBJEKTE
Unter Lichtarchitektur versteht man eine durch Licht-Reflektion bzw. Projektion im Raum eingebettete architektonische Objektform, die in Abhängigkeit mit den örtlichen Begebenheiten eine konstruktive Symbiose eingeht. Eine gesamtheitliche Architektur, die überwiegend auf Licht aufbaut. Ralph Ueltzhoeffer arbeitet teilweise mit einer ganz spezifischen Form der Lichtarchitektur: dem Hologramm. Das Hologramm, durch seine Dreidimensionalität stark raumabhängig und mit grossem Aufwand zu simulieren, ist in der Lage gesamtheitlich sich fast völlig zu entmaterialisieren und somit jedem erdenklichen Raum anzupassen. Licht breitet sich oft anders aus als man denkt und ist daher in der Praxis weniger berechenbar als in der Theorie! Also, eine raumabhängige und gleichzeitig unabhängige Verhaltensform.
Was siehst du und was tatsächlich erscheint vor deinem Auge? Was siehst du aus der Ferne, was aus der Nähe?
"Die Geschichte von der hungernden Biene", sie erzählt die vergebliche Suche der Bienen nach Nektar an Sonnenblumen, die sich selbst bestäuben. Irritation, Simulation, die Installation hält Einzug in vielerlei Räume, ungeachtet ihrer tatsächlichen Existenz. Gewollt oder ungewollt, freiwillig oder erzwungen! Der Raum ist untrennbar und zwingend mit dem Objekt, also mit der Geschichte, verknüpft.
Ueltzhoeffer arbeitet mit Hologrammen, Lichtobjekten, Installationen, die sich für jeden Raum individuell neu erschaffen. (Lichtarchitektur aus Hologrammen, Cabinet Gallery London), Ralph Ueltzhoeffer *1966 in Mannheim, Studium: Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Andreas Slominski und Ernst Caramelle. [...Monika Barth]
EIN BERICHT VON M. FREI
Die Lichtkunst von Jenny Holzer, Christian Boltanski und Ralph Ueltzhoeffer, unterschiedlich in den Ansätzen und doch gemeinschaftlich in den Augen des Betrachters? Mal mit der Eindringlichkeit der modernen Werbemedien von Jenny Holzer, mal sind es Schatten marionettenhafter Figurinen von Christian Boltanski die über die Wände tanzen oder ganz im Zeitalter des künstlichen Verlangens. Lichtobjekte von Ralph Ueltzhöffer, sogenannte Hologramme von Sonnenblumen, die ursprünglich auf einer Geschichte basieren und den Raum auf eine ganz besondere Weise für sich in Anspruch nehmen.
Würde man die Lichtkunst von Jenny Holzer, Christian Boltanski und Ralph Ueltzhoeffer gemeinschaftlich in ein und demselben Raum präsentieren, könnte wohl keine der Arbeiten bestehen.
Die Raumabhängigkeit der einzelnen Arbeiten ist wohl unumstritten, und doch besteht eine enge Verwandschaft der Grundzüge nicht nur durch die Gemeinschaft des Lichts. Jenny Holzer (Protect me from what I want), Christian Boltanski (Totentanz), Ralph Ueltzhoeffer (Die Geschichte von der
hungernden Biene). Jenny Holzers, Christian Boltanskis und Ralph Ueltzhoeffers Arbeiten sind in der Lage, dem Betrachter gerade durch die Wirkung des Lichtes und der Schatten eine Focussierung abzuringen, die einer nicht-lichtbezogenen Arbeit wohl immer vorenthalten bleibt. Raumabhängigkeit-Raumunabhängigkeit. Wie die raumbezogene Lichtinstallation von Jenny Holzer "protect me from what I want" die, die brisante Situation einiger New Yorker Stadteile in den achziger Jahren widerspiegelt und somit sehr ortsbezogen funktioniert, steht im Gegensatz zu Ralph Ueltzhoeffers Arbeit, "Die Geschichte von der hungernden Biene", die raumunabhängig in vielerlei Räume und in vielerlei Gedanken transportiert werden soll (translocation). Ist der Raum allerdings mal entdeckt (roomdetecting), wird dieser in starker Abhängigkeit zum Lichtobjekt (Hologramm) gestellt und ist dann untrennbar mit ihm verknüpft.
Boltanskis großes Thema ist die Spurensicherung: die Rekonstruktion und Dokumentation individueller Lebenslinien anhand einfachster Materialien wie Fotografien, Zeitungsausschnitte oder alter Kleider. Mit Kerzen oder künstlichem Licht angestrahlt, lässt Boltanski seit den 1980er Jahren die Schatten marionettenhafter Figurinen über die Wände tanzen.
Für den einen Raum, für alle Räume, für den einen Ort, für alle Orte. In wie weit die Arbeiten den Betrachter mitnehmen, hängt selbstverständlich wie bei jeder Arbeit vom ureigenen Charakter und der Sensibilität des einzelnen ab. Der Konsens liegt also nicht nur in der Lichtfocussierung, Ort bzw. der Raum sind natürlich auch wesentliche Faktoren. Ob werbewirksam wie Jenny Holzer, im Reich der Schatten wie bei Christian Boltanski, oder einer Irritation auf der Spur wie die Lichtobjekte (Hologramme) von Ralph Ueltzhoeffer.
Ist der Deckmantel "Lichtkunst" nicht viel zu allgemein gehalten?
Und doch ordnet man alle drei Beispiele unter dieser Kategorie ein. Wenn Jenny Holzer, Christian Boltanski und Ralph Ueltzhoeffer gemeinsame Sache unterstellt werden soll, liegt diese allerhöchstens in der konsequenten Raumbetrachtung und nicht nur in der Ausführung durch Licht und Schatten.
Miriam Frei - Lichtkunst von Jenny Holzer, Christian Boltanski und Ralph Ueltzhoeffer.
|