RALPH UELTZHOEFFER
 
 
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Installation: Ralph Ueltzhoeffer, Jens Rühl
  GESCHICHTE VON DER HUNGERNDEN BIENE (2001)
[Installationsansicht: Orgelfabrik Karlsruhe]  
   

"DIE GESCHICHTE VON DER HUNGERNDEN BIENE"

Ralph Ueltzhoeffer in Zusammenarbeit mit Jens Rühl in der Orgelfabrik Karlsruhe-Durlach 2001 - Licht-Klang-Installation "die Geschichte von der hungernden Biene auf der blühenden Blume", die sich mit der Verendung eines Bienenvolkes inmitten eines blühenden Sonnenblumenfeldes beschäftigte, zeigen die Hilflosigkeit der Bienen, aus F1 Hybriden - Selbstbestäubern also - brauchbare Pollen, Nektar und damit Honig zum Überleben zu gewinnen.

 
 
Installationsskizze Tote Bienen, Acrylglasbehälter
Lichtinstallation
[Entwurf: Installation] [Bienen, Acrylglasbehälter an Nylonschnüren]
  [Installationsansicht: Licht-Rauminstallation]
   
   

Vernissage 06.04.2001: Rauminstallation von Jens Rühl & Ralph Ueltzhöffer; Laudatio zur Ausstellung von Anke Burkhard.

Die Geschichte von der hungernden Biene auf der blühenden Blume

1. DIE GESCHICHTE:

WENN SIE MIR EIN WENIG IHRER ZEIT UND IHRE AUFMERKSAMKEIT SCHENKEN, DANN ERZÄHLE ICH IHNEN EINE GESCHICHTE. DIE GESCHICHTE VON DER HUNGERNDEN BIENE AUF DER BLÜHENDEN BLUME

WALTER ZUNDEL: Imker: praktisch, bodenständig, hilfsbereit, gewissenhaft, rechtschaffen und Vorstand des Badischen Imkervereins. Vor 2 Jahren erzählte er auf einem gemeinsamen Spaziergang seinem Schwiegersohn was ihm seltsames zugestoßen ist. Was er erzählte handelte von seinen Bienen, denn sie sind ein Teil seines Lebens. Er hatte vor in diesem Jahr Sonnenblumenhonig zu ernten und fragte deshalb einen befreundeten Bauern, ob er wohl auf dessen Sonnenblumenfeld seine Bienenstöcke stellen dürfe. So etwa 20 an der Zahl. Und der Bauer hatte natürlich nichts dagegen, warum auch? Walter Zundel brachte seine Bienen also aufs Feld und fuhr aber eine Woche später, und er erinnert sich heute nicht mehr warum, nochmals zu seinen Bienen. Und schon von weitem bemerkte er, dass das Treiben vor den Stöcken unnormal war. Als er seine Bienenstöcke erreicht hatte, entdeckte er etliche tote Bienen vor dem Flugloch und andere krabbelten schwach herum und die, die noch flogen, die taten dies wie in Zeitlupe. Er öffnete einen Stock und er schaute hinein. Und mit Entsetzen erkannte er, dass nichts gesammelt worden war. Daraufhin packte er seine Bienenstöcke ein und rief wütend den Bauern an. Erfragte: „Was ist passiert? Warum spritzt du dein Feld, wo du doch weißt, dass ich meine Bienen rausgebracht habe!" Aber der Bauer sagte, dass er nicht gespritzt habe... Nachdem man sich beraten hatte, kamen die Beiden auf die Idee bei der Saatgutfirma anzurufen, und es stellte sich heraus, dass man dem Bauern sich selbst befruchtende F1 Hybriden verkauft hatte.

2. BEGRÜSSUNG:

Guten Abend meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich Sie im Namen der beiden Künstler Jens Rühl und Ralph Ueltzhöffer, heute Abend begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Anke Burkhard und vorab erzähle ich ihnen etwas über die Künstler selbst und zur Entstehung, Organisation und Inhalt dieser Ausstellung.

RALPH UELTZHÖFFER: Geb. 1966 in Mannheim, Abitur, Ausbildung, dann einige Jahre gearbeitet. Er lebt in Oberderdingen Seit 1996 Studium an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Er beschäftigt sich intensiv mit Lebensräumen und dem Menschen an sich. Und er beschäftigt sich immer wieder mit den Thema Vergänglichkeit. FOTOS: KUNSTSTOFFKINDER

JENS RÜHL: Geb. 1965 in Herborn, aufgewachsen in Rastatt und Karlsruhe, Ausbildung zum Gärtner, 1996 Studium an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, arbeitet mittlerweile freischaffend. Beschäftigt sich mit der Natur, Wachstum und Vergänglichkeit. Bezeichnet sich selbst als: Naturschöngeist. FOTOS: SCHAUFENSTERPUPPEN

Ralph Ueltzhöffer und Jens Rühl haben sich auf der Kunstakademie kennengelernt, und obwohl beide normalerweise allein arbeiten war ihnen diese Geschichte wichtig genug, um nicht nur zusammen zu arbeiten, sondern auch diese Ausstellung selbst zu organisieren. Aber die Geschichte, die auch gleichzeitig die Idee zur Ausstellung ist, kam erst nach der Raumfindung. Die Orgelfabrik stand schon vor der Geschichte zur Verfügung. Wenn man die beiden zusammen arbeiten sieht, stellt man fest, dass sie nicht viel Worte brauchen, um sich zu verstehen. Und obwohl sie in Ausdruck und Umsetzung unterschiedlich agieren, sind letzlich doch die Gedankeninhalte überraschend oft die gleichen. Die Künstler betonen immer wieder, dass hier keine Wertung vorgenommen wird oder gar mit erhobenem Zeigefinger ermahnt wird, sondern sie sehen hier die bildliche Darstellung der Geschichte, räumlich Dargestellt organisiert und inszeniert. Die Motivation für diese Ausstellung ist der Raum. Es ist eine Installation für und mit dem Raum.

3. INSTALLATION:

Sie alle sind unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hierhergekommen. Wir alle wurden eingeladen von einem schönen Plakat, auf dem ein blühendes Feld abgebildet ist. In seiner ganzen Pracht steht es da und verspricht uns gerade in dieser Jahreszeit: Bald, bald ist wieder Sommer. Und sie kommen hierher und finden keine Farbenpracht vor, sondern alles ist tot. Die Sonnenblumen, der Schwärm Bienen, nichts lebt und nichts macht uns fröhlich.

Was sehen wir hier tatsächlich? Und was hören wir? Das Brummen von Bienen und eine gesprochene Emotion. Die auch noch dank der schiechten Aufnahme kratz, und wieder kann ich mich des Gefühis nicht erwehren, dass ich iieber in diesem Feid stehen würde. Aber bei genauerem hinsehen bemerkt man, das ist zu schön um wahr" zu sein. Das ist ja in Wahrheit nur eine Biume. Ein Feld, das kein Feld ist, sondern das vielfache Abbild ein und der selben Blume, sehr romantisiert. Das ist keine Realität, ich stehe in der Realität. Realität die auch kräiz. Dies sind die Fi Hybriden und das auch, und hier ein Schwärmt Bienen. Tot. Der Mensch ordnet und teilt aiies in Räume und so zeigt diese instaiiation auch verschiedene Räume. Der Giaskubus beinhaltet einen schwärm Bienen und der Kubus symbolisiert den Lebensraum dieses Schwarmes. so weit und nicht weiter kann sich die Biene von ihrem Stock entfernen. Und Sie sehen die Blüte, die irieft vor Nektar und geradezu perfekt ist, ist für die Biene unerreichbar. Und wir stehen mittendrin in diesem noch größeren Kubus der Orgelfabrik und uns ist es möglich, nicht nur aile Räume zu erreichen, sondern wir können sogar hineingreifen und uns darin bewegen. Wir sind Teil dieser insiaiiation und bewegen uns hier wie auf einer Bühne, denn wir steuert lebende unberührte Natur dar. Wir sind einzig atmend und dynamisch. Der schwärm and der Kubus pendein unabhängig voneirtander aber dennoch im Einklang. Auch die Biumen sind in Bewegung aber es gleicht mehr einem Toten oder Geistertanz. Hier ist kein Leben. Auch in den ausgestellten Fötoarbeiten, die die Ausstellung ergänzen, kann ich kein Leben finden. Es werden Abbilder des Menschen gezeigt. Geschaffen vom Menschen. Die Kunstsioffkirtder wurden fotografiert als wären es echte Kinder. Ein Kind sitzt am Fenster, aber was wir sehen, ist etwas, das uns erirtneri. und uns anrührt, aber er ist gänzlich emotionslos, der Blick des Puppenkindes. Auch die zunehmende Zerstörung berührt, kanri aber nicht entsetzen, denn es wurde nichts verietzi. Die Arbeiten von Jens Rühi sind voller Dynamik und Bewegung. Die Biider scheinen geradezu zu explodieren und das einzige das starr, unbeweglich und tot ist sind die Schaufensterpuppen, es gelingt aber wieder uns zu erihrtern. Das sieht doch aus ais ob da einer tanzt. Ais ob. Da ist nichts. Kein tanzen.

4. INTERPRETATION:

Ähnlich den Gebrüdern Grimm, die sich hauptsächlich mit der deutschen Grammatik und und mit dem Verfassen von Wörterbüchern beschäftigten, sind Jens Rühi und Ralph ueitzhöffer nicht in erster Linie Geschichtenerzähler. Sie erzählen uns diese Geschichte nicht wie die Sprach- und Literaturwissenschaftler Grimm in Worten, sondern mit ihrer Kunst. Sie ist der Mittier und Informationsträger. Die Kunst ist das Symböi für die Geschichte. Sie erzähii sich selbst, und jeder kann diese Geschichte verstehen und weitererzählen. Wie ist diese Ausstellung entstanden? Erzählen und zuhören, nachfragen, nachdenken, und wieder erzählen. Was aber erzählen wir? Was ist das? Eine traurige Geschichte über eine fragwürdige Welt? Wr sind aber gleichzeitig Teil dieser interaktiven Geschichte. Was verbindet ietztendlich die Rauminstallation mit den Fotoarbeiten? Beide Sonnenblumen und Puppen sind nicht oder nicht mehr lebendig, und es wurde versucht sie perfekt zu machen. Und sie wurden vom Menschen gemacht. Und ohne ihnen nun ein religiöses Erlebnis bescheren zu wollen, so möchte ich doch die Bibel zitieren: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn." Wen wundert also, dass auch der Mensch das Bedürfnis hat zu schaffen. Der Mensch vereinigt Stärken urtd Schwächen in sich und vielleicht den Wunsch etwas perfektes zu erschaffen, da er selbst so unvollkommen ist. Auf den ersten Blick scheint ihm das auch zu gelingen. Die Installation zeigt eine sehr fragwürdige Welt. Sie demonstriert die Überschneidung und Ausgrenzung von Lebensräumen, die sich als nicht lebenschaffend und den natürlichen Kreislauf unterbrechend zeigen. ich erinnere mich an Goethes Faust. Dieser alte desiilusionierte Mann, der sein Leben gelebt hat, bekommt die einmalige Chance und wird verjüngi. Da tut ihm nun das Kreuz nicht mehr weh und er sieht auch wieder ganz passabel aus. Es gelingt ihm sogar das hübsche Gretchen zu gewinnen. Alles ist in perfekt. Kaum verjüngt und schon hat er alles was das Herz begehrt. Ende gut ailes gut? Tatsächlich verschuldet er den Tod von Schwiegermutter und Schwager in Spee. Er läßt ein schwangeres Gretchen sitzen, die erst zur Kindsmörderin wird und dann gnädig dem Wahnsinn verfällt. Perfekt? Ein egoistischer, skrupelloser und triebhafter Faust? Die augenscheinliche Verbesserung des Status Quo, verursacht unüberschaubare und unabschätzbare Folgen. Die Natur ist beseelt vom lebenschaffenden und zerstörenden Geist. Überall sind Kreisläufe und Lebensräume gehen fließend ineinander über. Leben wir nicht schon in der besten aller möglichen Welten? Zeigt uns diese Geschichte nicht, dass diese eigenproduzierten Scheinwelten nicht funktionieren? Der Generalsekretär des Club of Rom wurde gefragt, wann es dem Menschen wohl gelungen sein wird die Erde zu zerstören. Mit einem schmunzeln in der Stimme sagte er: „Der Mensch kann die Erde nicht zerstören, nur für den Menschen unbewohnbar machen." Und nun die große Frage. Was wollen uns die Künstler sagen? Sie sagen:

WENN SIE UNS EIN WENiG IHRER ZEIT UND IHRE AUFMERKSAMKEIT SCHENKEN, DANN ERZÄHLEN WIR IHNEN EINE GESCHICHTE. DIE GESCHICHTE VON DER HUNGERNDEN BIENE AUF DER BLÜHENDEN BLUME.

 
Anke Burkhard (2001) Orgelfabrik Karlsruhe-Durchlach.